Kleine Dokumentation ausgewählter Fortifikationen


unter besonderer Berücksichtigung ihrer spezifischen Merkmale


 
 
              Wichtige Verhaltensmaßregeln zur Ortsbegehung der ober- und unterirdischen Anlagen:

Für einen Besuch der Festungsanlagen müssen einige Aspekte als unumgängliche Voraussetzungen gelten. Besonders wichtig ist ein gesundes Verantwortungsgefühl und eine gewisse Erfahrung im Umgang mit alten, ruinösen Bauwerken. Die Festungen sind nicht zuletzt aufgrund der Artilleriewirkung in einem oft beklagenswerten, teils gefährlichen Zustand; hinzuzurechnen sind auch die zahlreichen bautechnischen Schäden. 
Einige Festungen sind touristisch erschlossen oder frei zugänglich, andere befinden sich auf Militärgelände, wieder andere sind in Privatbesitz: Selbstverständlich sollte also besonders bei letzteren eine vorherige Absprache und das Einholen einer Besuchserlaubnis sein! 
Jeder Festungsbesuch erfolgt unter absoluter Eigenverantwortlichkeit. Das allerorten installierte Schild mit der Aufschrift „Defense d`entrer“ sollte im günstigsten Fall als „Betreten auf eigene Gefahr“ ausgelegt, im Falle der kommuneeigenen Werke jedoch wörtlich genommen werden! 
Es ist in diesem Zusammenhang bedauerlich, daß mittlerweile, nicht zuletzt aufgrund des Fehlverhaltens mancher Besucher, zahlreiche Anlagen versperrt wurden, welche für eine Begehung von besonderem Interesse waren – wie speziell der betonierte Kavernenbereich von Souville mit zwei der spektakulärsten Bauteile in Verdun (lange Treppe und doppelstöckiges Pulvermagzin) sowie das komplette Fort Moulainville mit seinen idealtypischen Stollen sämtlicher Bauphasen und der in ihrer vollen Länge begehbaren Galerie de Joffre (die bis Mitte der 90er Jahre eine Vorstellung von den ähnlichen Galerien unter den Festungen Vaux und Douaumont erlaubte). 
Die auf diesen Seiten gezeigten Innenaufnahmen von Festungen „schönen“ den Eindruck vor Ort: Es sei darauf hingewiesen, daß in sämtlichen Anlagen, auch den Oberbauten, weitgehende, in den Tiefgeschossen und Stollenanlagen absolute (!), Finsternis herrscht. Stets ist gleichzeitig auf Gefahren von oben (z. B. auf Kopfhöhe auskragende Bewehrungseisen) und auf Gefahren von/nach unten (z. B. glitschiger Boden, fehlende Stufen, bis zu 32 m tiefe Schächte, die mitten im Wege liegen!) zu achten. 
Keine unterirdische Anlage kann ohne Gefahr betreten werden. Es gilt, niemals alleine vorzugehen: Mindestens zwei Personen zur gegenseitigen Unterstützung vor Ort sowie eine weitere Person, außerhalb schwieriger Passagen stationiert, die gegebenenfalls Hilfe organisieren kann, sollten gemeinsam unterwegs sein. Allzuoft wurden bereits übereifrige und unvorsichtige Besucher verschüttet und mußten von Polizei und Feuerwehr (oft tot) geborgen werden. 
Vom Besteigen der meisten Waffendrehtürme und MG-Stände ist gleichsam abzuraten, da Holz- und Stahldecken beinahe vollständig korrodiert sind und sich zumeist bedenklich durchbiegen. 
Hinweise zu einer grundsätzlichen Ausrüstung und einem risikobewußten Auftreten können hier nicht gegeben werden; selbstverständlich gelten allgemeine Richtlinien: Guter Kopfschutz und ausreichend Batterien für lichtstarke Lampen sind natürlich eine Grundvoraussetzung! 
Es sei gleichsam darauf hingewiesen, daß die Untersuchung und Begehung der Anlagen nicht mit einem Abenteuerurlaub oder Funsport verwechselt werden darf! 
Auch auf die Gefahren der Kontaminierung der Bauten und des Geländes durch chemische Reststoffe (z. B. Chlorkalk in den Tiefkasernen von Souville und Tavannes) soll hingewiesen werden. Die erhebliche Gefährdung durch noch immer herumliegende Munition ist ein eigenes Kapitel.


 
 
Plan  der Festung Verdun - Anlagen mit "schwarzen Spots" sind in der Bildergalerie berücksichtigt.

 
 

Z ur Bildergalerie (1): Spezifische Eigenarten einzelner Fortifikationen  


 
 
Belleville
Zwischen 1875 bis 1877 erbaut, ist Belleville bis zum Ausbruch des Krieges nicht mehr modernisiert worden. Da es lediglich über gemauerte Gewölbe verfügt, hat es trotz des nur geringen Beschusses stark gelitten. 

Neben der recht glücklichen Verbindung zwischen einigen gut erhaltenen Bauteilen (Pulvermagazin, Grabenstreichen) und der sanften Einbettung in üppigen Bewuchs dürfte das Interesse wohl den Setzungsschäden in der rechten Remise gelten.

Bois Bourrus
Zwischen 1881 bis 1887 errichtet, später nur wenig modernisiert, wurde das Fort besonders in den nicht betonierten Bereichen durch Artillerie beschädigt. Es war während der Verdunschlacht ein wichtiger Beobachtungsposten. 

Vor allem im Bereich des Kehlgrabens und der ungewöhnlich gestaffelten Innenhöfe ist die Festung fast vollständig von Bewuchs befreit und wirkt wie neu aufgemauert, so daß eine Vielzahl von Motiven resultiert.

La Chaume
Die Festung wurde 1875 bis 1877 erbaut und später nicht mehr den modernen Anforderungen angepaßt. Es erfolgte lediglich der Einbau von zwei Pamard-Kasematten. 

Durch den nur geringen Beschuß sind die Mauerwerksbauten noch heute fast vollständig erhalten und demonstrieren idealtypisch die historisierende Architektonik der ersten Bauphase. 
Die doppelstöckige Kaserne bietet ein eindrucksvolles Fotomotiv!

Douaumont
Eines der beiden bekanntesten Forts. Nach dem Baubeginn 1885 wurde es bis zum Kriegsausbruch u.a. durch Betonierungen und Waffendrehtürme laufend verstärkt, durch den enormen Beschuß allerdings auch erheblich zerstört.Während des Krieges wurde ein riesiges Stollensystem angelegt. 

Douaumont ist heute touristisch erschlossen, bietet aber alleine durch seine Größe zahllose Motive in den Innenräumen.

Froideterre
1887 als Infanterie-Werk begonnen, wurde Froideterre bis 1905 völlig neu gestaltet. Das Fort wurde bereits zu Beginn der Schlacht mit großen Kalibern heftig beschossen. Die solitären Bauteile wurden erst während des Krieges durch eine (später nachbetonierte) Verbindungsgalerie verbunden. 

Froideterre bietet sich für eine Erstbegehung ideal an, wobei sämtliche Bauteile relativ gefahrlos zugänglich sind 
(Taschenlampe erforderlich!).

La Laufeé
Ebenfalls 1887 als Infanterie-Werk errichtet und später gut verstärkt. Das Zwischenwerk besitzt, da es lange in unmittelbarer Frontnähe lag, ein besonders gut ausgebautes Stollensystem. 

Das kleine Werk liegt malerisch in einem Gehölz eingebettet, bietet aber oberirdisch nur geringe Reize. Dafür lassen sich die Stollen erforschen, welche aber in sehr schlechtem Zustand sind.

Marre
Zwischen 1875 bis 1877 erbaut, später nur unzureichend verstärkt, erlitt die Festung, wegen des nur geringen Beschusses, lediglich in den unbetonierten Bereichen Zerstörungen. 1916 wurde mit dem Bau zweier Pamard-Kasematten begonnen. 

Das Fort ist derartig verwachsen, daß sich eher der Eindruck einer archäologischen Stätte im südamerikanischen Urwald aufdrängen mag. In der Kehlkaponnerie findet sich ein tiefer, gemauerter Brunnen. 
 

Moulainville
1883-1885 errichtet und bis Kriegsausbruch durch Panzerungen und Waffendrehtürme bedeutend verstärkt, wurde das Fort besonders heftig unter Beschuß genommen. Der Kommandant (Capt. Harispe) gilt als Begründer des Stollenbaus in Verdun. 

Das Fort bot bis zur kürzlichen Zusetzung spektakuläre Motive in den Oberbauten wie im Stollensystem. Die Waffentürme sind z.T. noch geölt und gestrichen. 
 

Rozelier
1877-79 als eines der größten Forts errichtet und bis 1904 durch Betonierungen und Panzerungen verstärkt, wurde Rozelier nur unmaßgeblich beschossen. Nach dem Krieg wurde das umfangreiche Stollensystem teilweise betoniert. 

 Beton und Mauerwerksbauteile sind in solch tadellosem Zustand, daß sich eine museale Nutzung des Werkes anböte. 

Zur aktuellen Neuaufnahme der Stollen
mit 3D-Visualisierung

Souville
1875-77 errichtet, später verstärkt, war Souville aufgrund der günstigen Lage ein hervorragender Beobachtungsposten. Nur hier findet sich ein Waffendrehturm vom Typ Bussière (etwa 150 m westlich). 

Die Oberbauten des Werkes sind fast vollständig verschwunden. Die Tiefkaserne bot bis zu ihrer teilweisen Zusetzung einige der spektakulärsten Motive in Verdun, so die längste Treppe und größte Pulverhalle. 
Das Stollensystem ist allerdings besonders desolat und sollte nicht betreten werden!

Tavannes
Zwischen 1876 und 79 errichtet, blieb das Fort trotz späterer Modernisierungen stets ohne ausreichende eigene Artillerie. Wegen der unmittelbaren Frontnähe fand auch hier ein reger Stollenbau statt. 

Tavannes zählt aufgrund einer glücklichen Verbindung architektonischer Vielfalt und morbider Einbettung in dichten Bewuchs zu unseren beliebtesten Begehungsobjekten. Es bietet auch ein besonders interessantes, mäßig erhaltenes Stollensystem mit teilweiser noch vorhandener Maschinerie.

Vacherauville
Mit dem Bau der Festung wurde erst 1910 begonnen und die Arbeiten waren bis Kriegsausbruch noch nicht abgeschlossen. Drei Waffendrehtürme, ein MG-Turm und eine Pamard-Kasematte machten das Fort besonders wehrtauglich. Vacherauville besitzt ein teils betoniertes, besonders großes Stollensystem. 

Ein Besuch des Werkes ist von besonderem Interesse, da sowohl die Oberbauten als auch die Stollen bereits an die Anlagen der 30er und 40er Jahre (Maginotlinie und Atlantikwall) gemahnen. 
Das Stollensystem sollte inzwischen aufgrund akuter Einsturzgefahr trotz seiner verlockenden Ausmaße unter keinen Umständen betreten werden!

Vaux
Das zweite besonders bekannte Fort. Nach dem Baubeginn 1881 wurde Vaux stark ausgebaut. Der heftige Beschuß führte zu beträchtlichen Zerstörungen. Nach der deutschen Eroberung im Juni musste das Fort im November geräumt werden. Es findet sich auch hier ein riesiges, heute unzugängliches Stollensystem mit z.T. kilometerlangen Gängen, so u.a jener zum Petit Depot. 

Das Werk ist heute touristisch erschlossen. 
Schade, daß nur ein sehr kleiner Teil der Innenräume zugänglich ist!


 
 
Home (Historischer Studienkreis)
Zurück : Konstruktionen und Bauschäden (Kapitel 1)
Zurück : Das Petit Depot im Chenois (Kapitel 2)
Weiter : Dokumentation des Fort de Tavannes (Kapitel 4)
Weiter: Tiefbauten auf der Höhe Toter Mann (Kapitel 6)