Topographische Srukturfragmente 
auf der Höhe Mort Homme
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Tiefbauten 

 
 
 
 
 
Mort Homme (1):
Strukturfragmente und Tiefbauten

Foto: Bis zur kürzlichen Verwüstung durch Sturmschäden und Forstarbeiten bot die Hügelkuppe des Mort Homme - insbesondere im Bereich des Tunnel de Gallwitz - eine exemplarisch erhaltene Grabenlandschaft. 

Lageplan des Mort Homme

Zur Bildergalerie (1):
Strukturfragmente

 


 
Die Höhe Mort Homme - Historischer Hintergrund

Der deutsche Angriff auf dem westlichen Maasufer setzte erst zwei Wochen nach dem Beginn der Verdunschlacht am 21. Februar 1916 auf dem Ostufer ein. Hierbei wurden zunächst nur geringe Fortschritte erzielt. Die Eroberung des angesetzten Kampfzieles, des Marre-Rückens, der wiederum durch  mehrere Festungsanlagen geschützt war, gelang jedoch nie. 
Die französische Artillerie hatte von hier eine ausgezeichnete Beobachtungs- und Flankierungsmöglichkeit in Richtung auf das Ostufer und konnte die deutsche Hauptoffensive entscheidend negativ beeinträchtigen. Am 6. März setzte der Angriff auf den Marre-Rücken ein. Um dorthin zu gelangen, mußten die beiden Schlüsselstellungen, die beherrschenden Höhen Toter Mann und Côte 304, jenseits des Forges-Baches eingenommen werden. Die heftigen und für beide Seiten äußerst verlustreichen Kämpfe in diesem Gebiet zogen sich mit nur wenigen ruhigeren Phasen bis in den Sommer 1917 hin. 
Der Hügelkamm Morte Homme besteht aus mehreren Gipfeln. Besonders umkämpft waren die Höhe 265 und die Höhe 295 (mit dem heutigen Denkmal "Toter Mann"). Da in diesem Bereich keine Festungen und nur wenige betonierte Unterstände lagen, sahen sich die Deutschen genötigt diesem Missstand mitttels Anlage tiefer Stollenbauten abzuhelfen. 

Gegen Ende des Jahres 1916 begannen die Arbeiten zur Anlage von drei Tunnelbauten. Anfang Mai 1917 waren sie von dem Oberbefehlshaber der Gruppe West, General v. Francois, feierlich und offiziell eröffnet worden. Verantwortlich für ihren Bau war hauptsächlich ein Pionierleutnant namens Lenze. Bereits im August 1917 wurden sie allerdings von den Franzosen erobert, ohne daß die Tunnelarbeiten zu Ende geführt worden waren. Es handelt sich dabei um den "Gallwitztunnel", den "Kronprinzentunnel" sowie um den "Runkel-" oder "Bismarcktunnel". 
 
 

Topographie- und Strukturfragmente -
eine kritische Analyse

Die Landschaft des Mort Homme übte seit unseren ersten Surveys vor Ort immer einen ganz besonderen Reiz auf uns aus. Die tiefen Gräben im dunklen Wald sind auf dieser Höhe außerordentlich eindrucksvoll. Besonders die Suche nach Indizien für die heute vollständig verschütteten, ursprünglichen Zugänge zu den hier liegenden Tunnelanlagen hatte einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die von uns schließlich präferierten Untersuchungen. 
Bis zu erheblichen Verwüstungen durch Sturmschäden und Forstarbeiten in den letzten Jahren stellten die auf dem Kamm des Rabenwaldes in ost/westlicher Richtung verlaufenden Schützengräben eine beinahe exemplarisch erhaltene "Kulturlandschaft" des Ersten Weltkriegs dar, welche - den ausgetretenen Pfaden nach zu urteilen - entsprechend häufig frequentiert wurde. Hier ließen sich nicht nur teilweise manntiefe Gräben über mehrere hundert Meter abgehen, sondern diverse Einzelpositionen - neben drei noch zugänglichen feldmäßigen Unterständen auch der mittlere Luftschacht des Gallwitztunnels - ohne große Mühe auffinden. 
Es wäre wünschenswert, daß sich die Denkmalpflege nicht nur auf solitäre Publikumsmagneten im Umkreis der Festungen Vaux und Douaumont konzentrieren, sondern auch der Topographiefragmente annehmen würde, anstatt sie einfach umzupflügen. Es muß jedoch festgestellt werden, daß - mit Ausnahme der Freilegung eines betonierten Grabenabschnittes bei Douaumont - diesbezüglich keine Anstrengungen unternommen werden. Umso bedauerlicher, da diese Hinterlassenschaften jene unglückliche Epoche der mechanisierten Kriege beiweiten typischer verdeutlichen und somit die Einstufung als Denkmal (auch und gerade im Sinne der allgemein anerkannten Definition) zuerst verdienten! 

Da der Touristenstrom auf der Höhe Toter Mann ungleich geringer ist als auf dem östlichen Maasufer, scheinen sich indes leider in diesem Bereich auch Marodeure besonders sicher zu fühlen und eifrig zu betätigen. Nirgendwo sonst haben wir so viele frische Raubgrabungsspuren aufgefunden wie in diesem ehemals so heftig umkämpften Gebiet. 
 
 

Warnung

Es sei auch an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, daß zur Begehung von Stollen im Freiland die 
üblichen Maßregeln zum Besuch einsturzgefährdeter Fortifikationen besonders ernst genommen werden sollten, da sich die Anlagen zumeist in einem lebensgefährlichen Zustand befinden! 


 
 
 
 
 
Tunnel de Gallwitz (2)

Foto: Dieser Luftschacht mit anschließender Treppe ("Himmelsleiter") stellt den einzig erhaltenen Zugang zum Tunnel de Gallwitz dar. 

Tunnelplan

Zur Bildergalerie (2): Tunnel de Gallwitz


 
Der Tunnel de Gallwitz - Historische Einführung

Der Gallwitz- oder Rabentunnel wird auf modernen französischen Karten verwirrenderweise "Tunnel du Kronprinz" genannt. Auch diese Anlage war bis zur französischen Eroberung noch nicht vollständig fertiggestellt. Seine Länge betrug ca. 630 m. Der Eingang lag im Rabenwald (Bois des Corbeaux) und endete in der sogenannten Caurettes-Mulde. Er sollte primär dem Verkehr in die vorderen Linien dienen. 
Das Tunnelprofil und die Abstützung waren sehr ähnlich wie im Kronprinzentunnel. Auch hier fanden sich ein Maschinenraum, Sanitäts- und Küchen- sowie Mannschaftsstollen, eine Quelle und eine Unterkunft für die Pferde der Schmalspurbahn. 
Ebenso wie dort war der französischen Aufklärung die Lage des Nordeinganges wegen der unübersehbaren Abraumhalde bestens bekannt. 
Der vorbereitende Artilleriebeschuß ab dem 12. August verursachte zahlreiche Schäden. Der Nordeingang wurde verschüttet, zahlreiche Nebeneingänge ebenso. Die Franzosen konnten relativ rasch die beiden Südausgänge und den Zugang zur sogenannte Himmelsleiter, ein großer steiler Schleppschacht etwa in der Mitte des Gallwitztunnels, besetzen, wobei sie begannen, die Ausgänge einstweilen zuzuschütten. Am Morgen des 21. August wurde der letzte verbliebene Luftschacht geschlossen. Gegen Mittag entschlossen sich die ca. 700 überlebenden Deutschen zur Kapitulation. 
Nach der französischen Übernahme wurde der Gallwitztunnel erheblich, besonders in südöstliche Richtung, auf eine Länge von insgesamt über 800 m ausgebaut. Nach Beendigung des Krieges wurde sogar ein in Mauerwerk ausgeführter Teil des Südbereiches für Schlachtfeldtouristen zugänglich gemacht. 
Seit langer Zeit ist der Zugang nur über den als Himmelsleiter bekannten Schacht möglich. Vor kurzer Zeit hat eine Arbeitsgruppe des "Deutschen Erinnerungskomitee Argonnerwald e.V." den noch begehbaren Bereich von etwas über 300 m neu vermessen. 
 
 

Surveys der Verfasser 

Surveys bezogen sich bislang nur auf die Lokalisierung der Tunnelausgänge, indem der Einstieg durch den Luftschacht "Himmelsleiter" bislang technisch außerhalb unserer Möglichkeiten lag wie - in der unrichtigen Annahme eines schlechten Erhaltungszustandes - wenig verlockend erschien. Den Katalysator für die Erkundungen stellten die skurrilen Angaben in der (ansonsten hervorragenden) IGN-Karte (Verdun et du Mort Homme), welche drei Tunneleingänge - leider sämtlich falsch -  bezeichnet, wie der aufmerksame Leser bereits im Standardwerk von German Werth recht bald feststellen wird. 
Neben erwähntem Luftschacht und den Fragmenten des südlichen "Touristeneinganges" aus den 20er Jahren läßt sich rasch eine interessante Senke am nördlichen Hügelrand des Rabenwaldes finden, welche diverse Indizien für einen der nördlichen Tunneleingänge aufweist, wie Materialhalden von Küchen (nach anderen Quellen: einer Trägerkolonne), Eisenträger, Querschnitte von Lüftungsanlagen und - am Ende einer vermutlichen Feldbahn-Achse - eine Mulde mit Überhang, die wie ein verschütteter Eingang erscheint. Mag letzteres auch Spekulation sein, so erinnert die Topographie dennoch an nachweisliche Stolleneingänge, wie insbesondere die ähnlich muldenhaften Positionen des erwähnten Südeinganges bzw. des Petit Depot im Chenois-Wald. 


 
 
 
 
 
Tunnel du Kronprinz (3)

Foto: Bis zur kürzlichen Zusetzung war dieser Schleppschacht die günstigste Zugangsmöglichkeit in den Tunnel du Kronprinz. 

Tunnelplan

Zur Bildergalerie (3): Tunnel du Kronprinz


 
Der Tunnel du Kronprinz - Historie und Konstruktion

Dieser Tunnel sollte über 1100 m lang werden; bei der französischen Eroberung waren jedoch erst wenig mehr als 900 m fertiggestellt. Er sollte hauptsächlich dem Verkehr in die rückwärtigen Stellungen dienen. Eine schmalspurige Feldbahn unterstützte den Transport des Abraums. Da sich am Nordausgang des Tunnels eine große Abraumhalde befand, war dieser Ausgang der französischen Aufklärung und Artillerie gut bekannt. Außer den beiden Hauptausgängen im Norden und Süden existierten noch einige als Schleppschächte angelegte Nebenzugänge. 
In einigen Nebenstollen befanden sich u.a. ein mit Asbestzement ausgekleideter Maschinenraum, eine Quelle, eine kleine Anlage zur Herstellung von Selterswasser, ein Sanitätsplatz, Unterkunftsstollen für zwei Kompanien und eine als Sacktunnel angelegte Küchenstollenanlage. 
Bei einer Höhe von knapp über zwei Metern und einer Spannweite von etwa drei Metern war der elektrisch beleuchtete Tunnel durch Doppel-T-Träger in einem Abstand von je 0,5 m abgestützt. 
Durch die am 12. August einsetzende französische Artillerievorbereitung wurde am 19. August die Decke des Kronprinzentunnels im Bereich des Nordeingangs durch zwei Volltreffer der Eisenbahngeschütze vom Kaliber 40 cm durchschlagen. Der Zugang zum Küchenstollen wurde zerstört, wobei mindestens 100 Tote zu beklagen waren, die nie geborgen werden konnten. In anderen Seitenstollen kamen weitere 90 Soldaten ums Leben. Über einen Luftschacht entkamen etwa 30 Überlebende. Bis zum Angriff am darauffolgenden Tag waren alle südlichen Beobachtungsstände, sowie mehrere Ausgänge verschüttet. Gegen Nachmittag mußte der Tunnel übergeben werden; etwa 600 bis 700 Gefangene wurden abgeführt. 
Nach der Eroberung besetzten nun die Franzosen diese Anlage. Es wurden einige neue Schleppschächte angelegt. Durch den katastrophalen Einsturz etwa 200 m südlich des alten Nordeingangs, waren nurmehr ca. 770 m nutzbar. 
 
 

Surveys der Verfasser 

Vor kurzer Zeit sind die beiden einzigen den Verfassern bekannten Zugänge durch Eisengitter verschlossen worden. 
Zwischen 1991 und 1997 unternahmen wir mehrere Durchquerungen der zugänglichen Tunnelabschnitte, wobei als Einstieg der leicht auffindbare, weithin bekannte Schleppschacht in Parzelle 144 diente. Es ließen sich zwei Abschnitte in ca. 100 m nördlicher und 400 m südlicher Richtung erforschen. Der nördliche, leichter begehbare Abschnitt mit teilweise erhaltener Feldbahn endet unvermittelt am Einsturz des Durchschlages vom 19. August 1917, wobei noch im Jahre 1990 jenseits des Einsturzdomes eine winzige Öffnung von höchstens 20 mal 20 cm den Blick in den (wohlerhaltenen!) Nordtunnel erlaubte. Im unmittelbar an diese Stelle angrenzenden Küchenstollen sind wahrscheinlich noch heute die erwähnten Verschütteten eingeschlossen. Die Begehung des südlichen Bereiches weist z.T. erhebliche Schwierigkeiten auf, da es diverse Halden und einen teilweisen Einsturz zu durchqueren gilt. Hinter dem Einsturz weitet sich der Tunnel jedoch überraschenderweise und weist noch seinen urspünglichen trapezförmigen Querschnitt auf. Beruhigend wirkt die Existenz der zweiten Öffnung in Parzelle 144, die tatsächlich  einen großen Einsturz im südlichen Tunneldrittel darstellt und - bis zur kürzlichen offiziellen Kennzeichnung des Tunnelverlaufes durch Baum-Markierungen - von außen nur schwer zu finden war, indem einem feldmäßigen Unterstand zum Verwechseln ähnlich. 
Der Tunnel scheint nach dem Krieg komplett ausgeräumt worden zu sein, wobei der gesamte Verbau entfernt wurde. Dieser Fakt und die gegen Beschuß unzureichende Felsdeckung (teilweise nur 8 m!) dürften den ungleich schlechteren Erhaltungszustand, manchmal höhlenartigen Charakter, des Kronprinzentunnels gegenüber dem Gallwitztunnel erklären, welcher - wie Fotoveröffentlichungen des "Deutschen Erinnerungskomittees Argonnerwald e.V." ausweisen, noch über den vertikalen und horizontalen Verbau verfügt und - nicht zuletzt aufgrund seiner enormen Felsdeckung von mehreren Dutzend Metern - über weite Strecken authentisch erhalten blieb. Leider konnten wir bisher keine Angaben darüber finden, wann, durch wen und aus welchem Grund dem Kronprinzentunnel diese Behandlung widerfuhr.
Ein halbtätiger Survey zur Lokalisierung des Nordeinganges führte uns zwar exemplarisch erhaltene Schützengräben vor Augen, aufgrund des übermächtigen Bewuchses nicht aber das gewünschte Ziel; ein Survey zum Südeingang steht noch aus. 
 

Der Runkel- oder Bismarcktunnel war als Durchgangstunnel in Verbindung mit dem Kronprinzentunnel angelegt worden. Seine Länge wird in der Literatur mit 430 bis 470 m angegeben und war bis August 1917 offensichtlich bereits fertiggestellt. Er war lediglich etwa 1,80 m hoch, ca. 1,20 m breit und besaß mehrere Zugänge. Nebenstollen existierten mit einer Ausnahme nicht. Aufgrund seines günstigen Profils traten trotz des heftigen französischen Beschusses nur geringe Schäden auf. 
Beim französischen Angriff am 20. August ging der Tunnel relativ früh verloren; etwa 30 bis 40 Gefangene verliessen den Stollen. 

Nachdem der Runkeltunnel lange Zeit vollkommen unzugänglich und alle Eingänge zugeschüttet waren, gelang es erst kürzlich einer Arbeitsgruppe des "Deutschen Erinnerungskomitee Argonnerwald e.V.", den Tunnel zu öffnen und auf einer Länge von über 400 m neu zu vermessen. 


 
 
 
 
 
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